Trend oder Dauerzustand?
Quiet Quitting gehörte 2022 zu den Schlagworten aus dem HR-Bereich. Jetzt begegnete uns auf der Jahrestagung Compensation and Benefits der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) Quiet Quitting als aktueller Trend wieder. Über 90 % der Konferenzteilnehmenden kannten den Begriff noch nicht, dabei ist das Phänomen weit verbreitet.
Darum an dieser Stelle eine Definition und Tipps, um Quiet Quitting entgegenzuwirken: Viel Freude beim Lesen.
Für die wachsende innere Distanz von Mitarbeitenden zu ihrer Aufgabe und ihrem Arbeitgeber gibt es viele Gründe, denn es sind unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen. Dazu gleich mehr. Vorab aber etwas genauer zur Definition, wie wir Quiet Quitting auffassen:
Quiet Quitting bezeichnet eine Einstellung, mit der Mitarbeitende ihren Job zwar nicht direkt kündigen, aber keine Perspektiven mehr sehen und innerlich auf Abstand gehen.
Im aktuellen State of the Global Workplace 2023 Report von Gallup sowie in einer kürzlich erschienenen Studie von McKinsey wird der zunehmende Trend der „inneren Kündigung“, wie es im Deutschen oft heißt, sehr deutlich.
Nach der Darstellung von Gallup sind in Europa nur noch 13 % der Mitarbeitenden wirklich motiviert bei der Sache. 72 % befinden sich im Stadium des Quiet Quitting und 15 % sind dabei zu kündigen.
Leseempfehlung: Die Süddeutsche Zeitung widmete kürzlich dem Trend Loud Quitting einen Beitrag: Abgang mit Pauken und Trompeten. Der Prozess des Quiet Quitting aber beginnt lange davor.
4 Ursachen für “inneres Exil” und 12 Maßnahmen dagegen
Aktuellen Untersuchungen zufolge lassen sich vier Hauptursachen für das Quiet Quitting definieren. Davon ausgehend werden 12 Maßnahmen empfohlen, wie man die Menschen wieder motiviert und an das Unternehmen bindet. Unserer Meinung nach besteht die erste Herausforderung bereits darin zu erkennen, dass die Belegschaft gerade nicht optimal leistungsbereit ist und herauszufinden, woran das liegen könnte. Tipps dazu haben wir im letzjährigen Weihnachtsblogbeitrag Tipps für den Weihnachtsmann und andere Führungskräfte gegeben. Nun aber zurück zu Quiet Quitting.
Ursache Nummer 1: Schlechte Kommunikation
Wenn Führungskräfte den Mitarbeitenden nicht zuhören oder auf Feedback und Beschwerden nicht reagieren. Oder wenn das Management das Team mit den wichtigen Botschaften nicht erreicht, dann entsteht Distanz. Diese Gefahr wächst sogar deutlich mit der Zunahme flexibler Arbeitsformen, wie Remote Arbeit, Hybrid etc..
Was tun?
- Die Belegschaft mit aktuellen, klar verständlichen Informationen aus dem Führungsteam versorgen, insbesondere auch der damit verbundenen Erwartungen, wenn Management-Entscheidungen umgesetzt werden sollen.
- Das Führungsteam in Mitarbeitermotivation und -kommunikation schulen – und dabei auch die flexibilisierten Arbeitsformen im Blick behalten, evtl. müssen neue Kommunikationsstandards definiert werden.
Ursache Nummer 2: Das Arbeitgeberversprechen wird nicht gehalten
Mitarbeitende merken sehr schnell, ob es eine Diskrepanz zwischen den im Zuge der Einstellung gemachten Versprechungen und der gelebten Kultur am Arbeitsplatz gibt. Ein Hochglanz-Auftritt während der Anwerbungsphase mit Leidenschaft, Teamgeist und Sinnstiftung nützt nur dann etwas, wenn die gelebte Unternehmenskultur das auch widerspiegelt.
Was tun?
- Die HR– und Marketing– bzw. Kommunikations-Abteilungen zusammenbringen und gemeinsam herausfinden, ob die Employer Brand die Zielgruppe erreicht und die Kernbotschaften akkurat transportiert werden.
- Noch einmal genauer auf das Arbeitgeberversprechen, die sog. Employer Value Proposition (EVP) schauen und sie mit den täglichen Erfahrungen der Mitarbeitenden abgleichen. Hier können Umfragen und eine etablierte Feedback-Kultur hilfreich sein.
- Prüfen, ob das Führungsteam die Werte lebt, die im Markenversprechen verankert sind und ob das auch für den täglichen Umgang mit ihren Teams gilt.
Siehe auch Mitarbeiterbeteiligung als Kulturtreiber.
Ursache Nummer 3: Nicht klar definierte Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten
Mitarbeitende ohne klar definierte Karriereperspektiven fühlen sich unter Umständen verunsichert. Sie wissen nicht, wie sie den nächsten Schritt auf ihrem Karrierepfad angehen sollen, scheuen die Übernahme neuer Verantwortungsbereiche oder machen sich Gedanken, ob sie die notwendigen Qualifikationen für die Bewerbung auf eine andere Position im Unternehmen aufweisen.
Was tun?
- Eine klar definierte Job-Architektur aufsetzen und das HR-Team und die Führungskräft im Umgang damit schulen. Die Struktur hilft dabei, Mitarbeitenden Orientierung zu geben. Auch Anforderungen durch z. B. das neue Entgelttransparenzgesetz können Unternehmen mit einer gut durchdachten Struktur besser entsprechen.
- Regelmäßige Feedback- und Entwicklungsgespräche mit den Mitarbeitenden verpflichtend machen.
- Trainings- und Personalentwicklungsprogramme (alternativ mit externen Anbietern) aufsetzen und im Unternehmen für die Teilnahme werben.
- Ein Mentoring-Programm zur Förderung neuer Talente oder zur Wiedereingliederung von Teammitgliedern (z. B. nach der Elternzeit, nach einem Sabbatical o.ä.) implementieren.
Ursache Nummer 4: Total Rewards-Programme nicht zielgruppenorientiert und bekannt
Ein gut konzipiertes Total Rewards System ist wertvoll – umso mehr, wenn es von den Mitarbeitenden verstanden und individuell optimal genutzt wird. Dann erst wird der weiter gefasste Gegenwert der Arbeitsleistung als Ganzes begriffen, nämlich als Gesamtheit aus Vergütung, Benefits, Entwicklungsmöglichkeiten, Unternehmenskultur und individuellen Möglichkeiten, die das arbeitgebende Unternehmen bietet.
Was tun?
- Total Rewards als Kern der Arbeitgebermarke positionieren und intern immer wieder über die Einzelbestandtteile informieren. Feedback und Bewertung einholen und Angebote und Leistungen auf die internen Zielgruppen abstimmen.
- Über bestehende oder neue Komponenten der Total Rewards Programme informieren und den Nutzen transportieren.
- Total Rewards in die internen Kommunikationskanäle des Unternehmens einbinden, digital und analog, und in Gesprächen und Meetings regelmäßig auf die Agenda setzen.
Siehe auch Total Rewards als Customer Relationship Management
Quit Quiet Quitting
Mitarbeitende zu verlieren ist teuer. Im Allgemeinen kostet es mehr, neue Talente zu engagieren als es kosten würde, die bestehenden Mitarbeiter zu motivieren: Zeit nehmen zum Zuhören – nur so lassen sich die Gründe für die innere Kündigung von Mitarbeitenden herausfinden. Und nur so können geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter neu für das Unternehmen und die täglichen Aufgaben zur begeistern. Gerne unterstützen wir dabei, Quiet Quitting zu reduzieren.
Optimale Kommunikation ist ein wirksames Instrument – nicht nur gegen Quiet Quitting.
Mit unserem erfolgreichen Prozess Explore – Engage – Shine entwickeln wir überzeugende Kommunikations- und Umsetzungsstrategien und unterstützen mit einem klar verständlichen, einfachen und richtigen Kommunikationskonzept. Welchen Kundenprojekten wir damit bereits zum Erfolg verholfen haben, findet ihr hier.
Quellen
Gallup – Globaler Bericht zur Arbeitswelt 2023
McKinsey – Umfrage Dezember 2022
Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V., https://www.dgfp.de/
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